François Crépin zeigte schon in jungen Jahren großes Interesse an Feldbotanik und hatte das Glück auf seiner Seite. Er wurde in Belgiens hügelreicher wallonischen Region Rochefort geboren, ein Gebiet, das zu den botanisch reichsten Gegenden des Landes gehörte, und zu dieser Flora gehörten auch zahlreiche Wildrosen.
Da er wenig Interesse an der Schule zeigte, schickten ihn Crépins Eltern in das nahe gelegene Dorf Wavreille. Dort erhielt er Privatunterricht von Romain Beaujean, einem Lehrer und Naturforscher. Crépin lebte nur ein Jahr in Wavreille, doch durch diese kurze Zeit fand das wissbegierige Kind seinen Weg als bedeutender Naturforscher.
Mit diesem Privatunterricht endete die formale Schulbildung des jungen Crépin. Er kehrte nach Rochefort, in seine finanziell gut ausgestattete, katholische Familie zurück.
Statt sich nach einer Arbeitsstelle umsehen zu müssen, konnte er sich botanischen Exkursionen widmen, die er bald auf das ganze Land ausdehnte. Angeödet von Bürotätigkeiten zog er sich bei jeder Gelegenheit mit seinen Büchern zurück und wurde ein Autodidakt. Sein ganzes Leben lang korrespondierte er mit Botanikern in Belgien und im Ausland. Sein Haus wurde zum Zentrum für den Austausch von Herbarium Exemplaren und botanischem Fachwissen. Die Ergebnisse seiner genauen Beobachtungen lebender Rosen hielt er in Beschreibungen und detaillierten Zeichnungen der Pflanzen fest. Diese Unterlagen dienten als Quelle und Basis zahlreicher Veröffentlichungen.
Er las ständig und lieh sich Bücher von Freunden aus, darunter auch Charles Darwins "On the Origin of Species" (die englische Zweitausgabe von 1860). Kein anderes Buch über die Evolution hatte einen vergleichbaren Einfluss auf Wissenschaft und Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert und sogar darüber hinaus. 1860 war die Idee der Evolution nicht neu, doch die Fülle der Daten und die starke Argumentation des Buches unterstützten jene, die den immer noch vorherrschenden Glauben an die göttliche Schöpfung unveränderlicher Arten in Frage stellten.
Dieser Glaube war auch unter Naturforschern noch weit verbreitet. Selbst nach der Lektüre dieses revolutionären Buches war Crépin nicht überzeugt und blieb seiner Idee von feststehenden, unveränderlichen Arten treu. Diese Vorstellung verteidigte er auch in späteren Jahren unbeirrt.