- Ausstellung: Nie erzählte Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg
- Neues von der Front
Einführung
Briefe waren ein wichtiges Mittel der Kommunikation zwischen den kämpfenden Fronten und der Heimatfront. Sie wurden in riesigen Mengen geschrieben, zum Teil, weil Millionen von Menschen den Einberufungsbefehl erhielten, aber auch, weil Europäer zu Beginn des 20. Jahrhunderts in weit höherem Maße des Lesens und Schreibens kundig waren als noch in vorhergehenden Jahrhunderten. Militärpostdienste wie die deutsche Feldpost und der British Army Postal Service fertigten große Mengen Post mit zunehmender Effizienz ab. Obwohl viele dieser Briefe aus nachrichtendienstlichen Gründen zensiert und stichprobenartig überprüft wurden, bedeuteten sie für Absender und Empfänger unsagbar viel.
Viele Familien ließen uns berührende Nachrichten zukommen, festgehalten auf einer Postkarte oder in einer Zeichnung auf einem Brief; diese Auswahl zeigt in einmaliger Weise, welche Gefühle die Menschen auf beiden Seiten der Schützengräben bewegten und welche Sprache sie verwandten, um diesen Ausdruck zu verleihen.
Soldat schickt wenige Tage vor seinem Tod letzte Nachricht nach Hause
Als er den Marschbefehl für Frankreich erhielt, wusste Hauptfeldwebel George Cavan, dass ihm keine Zeit blieb, um seine Familie zu informieren.
Aber als sein Truppenzug ohne anzuhalten den Bahnhof von Carluke in der Nähe seines Wohnorts in Schottland passierte, ergriff Cavan die Gelegenheit, wenigstens zu versuchen, seinen Lieben mitzuteilen, wohin er auf dem Weg war. Er kritzelte eine Nachricht an seine Frau Jean und die drei Töchter, stopfte sie in eine Streichholzschachtel und warf sie aus dem Fenster.
Die ergreifende Nachricht mit Datum 29. März 1918 und Ortsangabe Carluke Station lautete „Liebe Frau, liebe Kinder, bin auf dem Weg nach Frankreich – alles Liebe, Papa.”
Erstaunlicherweise hob ein Passant die Streichholzschachtel auf und gab sie bei der Familie ab. Cavan, der beim 9. (Glasgow Highlanders) Bn. Highland Light Infantry diente, fiel jedoch am 13. April 1918, nur wenige Tage nach seiner Ankunft an der Front in Frankreich.
Seine Enkelin Maureen Rogers aus Sydney sagte: „Unglaublicherweise hörte Jean zum ersten Mal, dass George gestorben war, als eine Frau auf der Straße sagte, wie leid es ihr tat. Meine Großmutter schrie, dass sie lüge und rannte nach Hause, wo sein Regiment die Nachricht bestätigte.
"Für den Rest ihres Lebens trug Jean immer ein Medaillon mit einem Bild von George und eines von sich in dem Alter, in dem sie ihn verloren hatte."
Cavan Name ist auf dem Ploegsteert Memorial festgehalten.
Liebe Frau, liebe Kinder, bin auf dem Weg nach Frankreich – alles Liebe, Papa.
Hitlers Nachricht an einen Freund
Die auf dieser Postkarte aus München festgehaltenen Gedanken sind unfassbar banal. Es fällt schwer zu glauben, dass ihr Absender einmal der meistgehasste Diktator des 20. Jahrhunderts werden sollte.
Adolf Hitler wurde im Oktober 1916 durch ein Schrapnell verwundet und war gerade aus dem Krankenhaus in Beelitz bei Berlin entlassen worden, als er diese Nachricht an seinen Regimentskameraden Karl Lanzhammer schickte.
Hitler teilte seinem Freund mit, dass er dem Reservebataillon zugeteilt wurde, in zahnärztlicher Behandlung war und so bald wie möglich an die Front zurückkehren würde. Dies tat er dann auch im März 1917, nachdem sein 16. Bayerisches Reserve-Infanterie-Regiment ihn als Meldegänger angefordert hatte.
Die Karte, auf der die Aufschrift „Grüße aus Nürnberg” und eine Abbildung der Burg zu sehen sind, wurde am 19. Dezember 1916 abgestempelt. Der kurze Text enthält mindestens einen Rechtschreibfehler: Hitler schrieb „sofort" mit „ff".
Lanzhammer, der mit Hitler in Ypern und an der Somme gedient hatte, wurde am 15. März 1918 bei einem Flugunfall getötet, der sich während eines Testflugs in Feldmoching ereignete. Er ist in seiner Heimatstadt Dingolfing begraben.
Die Karte war ein Beitrag zu der dem Aktionstag in München und stammt von einem Briefmarkensammler aus Dingolfing. Sie wurde ihm von dem Direktor der örtlichen Sparkasse zu seinem 65. Geburtstag geschenkt.
Grüße aus Nürnberg
Adolf Hitler
Lieber Lanzhammer,
Bin nun in München beim Ersatz Btl.
Stehe zur Zeit in zahnärztlicher Behandlung.
Melde mich übrigens soffort
freiwillig ins Feld.
Hrzl. Grüße A. Hitler
Warte auf die nächste Postkarte, um zu erfahren, wie es weitergeht!
Wann immer Michael Hannons Mutter eine der faszinierenden Postkarten erhielt, die ihr Sohn an sie schrieb, wusste sie nie, womit er sie dieses Mal überraschen würde.
Für sich gesehen ist jede dieser Nachrichten aus Frankreich eine Zeile Noten, die jeweils ein anderes militärisches Hornsignal wiedergaben, wie Weckruf, Abendessen oder „Licht aus“. Zusammengesetzt aber ergeben diese 10 Postkarten das große Bild eines französischen Soldaten.
Hannon war Gefreiter beim Leinster Regiment in der British Expeditionary Force. Seine Enkelin Deidre Archer steuerte die Postkarten zusammen mit einem Brieföffner bei, der die Inschrift „Lille“ trägt.
Hannons Urenkel setzt die militärische Tradition der Familie als Mitglied der britischen Armee fort und hat im Irak und in Afghanistan gedient.
Soldat heitert mit Skizzen seine Frau auf
Jede Postkarte, die Marie Gaigl von ihrem in Kriegsgefangenschaft geratenen Mann im November 1917 aus Frankreich erhielt, war ein wahres Kunstwerk.
Neben einer liebevollen Botschaft schickte Hans Gaigl auch jedes Mal eine Bleistiftskizze, die eine Person oder Szene zeigte, um seine besorgte Frau in München aufzuheitern.
Marie erhielt viele Karten von Hans, einem Soldaten beim Bayrischen Landwehr Fußartillerie Batallion Nr. 2, 6. Batterie
Es war bei deutschen Soldaten nicht unüblich, einfache Karten zu verwenden, wenn sie ihren Angehörigen zu Hause schrieben, und diese mit Bildern, Oster- und Weihnachtsmotiven oder Szenen aus dem Schützengraben zu versehen. Aber der aus Bayern stammende Hans war ein besonders talentierter Künstler.
Unter seinen umfangreichen, aufrüttelnden Arbeiten aus der Kriegszeit finden sich Landschaften, Portraits von Soldaten verschiedener Nationen und um Kriegstote trauernde Frauen sowie Akte.