Einleitung
Die staatliche Propaganda des Ersten Weltkriegs war so einfallsreich und zugleich bösartig wie noch niemals zuvor. Sie stachelte Leidenschaften an, die die Feindseligkeiten nur noch verlängerten. Filme, Fotografien, Tonaufnahmen und großflächige Plakate, mit denen Männer aufgerufen wurden, sich als Kriegsfreiwillige zu melden, zählten zu den wirkungsvollsten Propagandainstrumenten. Aber es wurden auch weit subtilere Strategien eingesetzt, um bei den einfachen Bürgern patriotische Emotionen zu wecken. Die folgenden Geschichten zeigen, dass die effektivste Propagandastrategie darin bestand, die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig Selbstaufopferung sei.
In den Munitionsfabriken
Alwine Auch war erst 17 Jahre alt, als sie sich als Helferin bei der Bombenherstellung in der „Fortuna” Fabrik in Bad Cannstatt, Stuttgart, anwerben ließ.
Wie viele andere Frauen in ganz Europa sollte sie mit ihrer Arbeit an der Heimatfront den im Krieg Kämpfenden helfen, was in Deutschland allerdings nicht recht zu der Politik passen wollte, nach der Familien unterstützt werden sollten.
Alwine ist auf dieser Postkarte zu sehen (hintere Reihe, dritte von rechts), die die Fabrikarbeiterinnen im Jahre 1917 zeigt. Ihr Sohn Gustav Käfer brachte die Karte anlässlich des Öffentlichkeitstages 2011 in Stuttgart mit.
Gemäß der ursprünglichen Bildunterschrift wurde die Munition mit „Herz und Hand für das Vaterland” hergestellt. Eine genauere Untersuchung des Bilds lässt vermuten, dass es sich bei der hergestellten Munition um Bomben für den 7,6 cm leichten Minenwerfer handelte, der von den meisten Infanteriebataillonen gegen Ende des Krieges verwendet wurde.
„Gold gab ich für Eisen“
Unter anderen Umständen hätte die Besitzerin dieses glanzlosen Eisenrings wohl den glänzenden Goldring getragen, den sie von ihrem liebenden Ehemann am Tage der Hochzeit an den Finger gesteckt bekommen hatte.
Aber da die immensen Kosten des Ersten Weltkriegs schließlich von irgendetwas bezahlt werden mussten, appellierte die deutsche Regierung an patriotisch gesinnte Bürger, Goldschmuck und Juwelen gegen weit weniger wertvolle Stücke einzutauschen.
Dieser Ring mit der Inschrift „Gold gab ich für Eisen, 1914” ist ein Beispiel dafür, dass das staatliche Geldbeschaffungsprogramm zur Finanzierung des Kriegs tatsächlich Wirkung zeigte. Ähnliche Kampagnen wurden auch in verschiedenen Teilen des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs veranstaltet.
Interessanterweise wurde damit ein Gedanke der Befreiungskriege wieder aufgegriffen. Schon 1813 hatte die preußische Königsfamilie die Frauen des Volks aufgefordert, ihre Wertgegenstände zu spenden.
Aus Eisen gefertigter Schmuck, der bis dahin hauptsächlich ein Symbol der Trauer gewesen war, erhielt so mit einem Male einen ganz neuen Status.